Keine Angst.
In Würde leben bis zuletzt, das bedeutet auch: den Kopf freizuhaben für alles, was wichtig ist. Und Lust auf einen Friseurbesuch.
„Hier zu sein, ist das Beste, was ich bis jetzt erlebt habe“, sagt Frau W. und meint die Palliativstation, auf der sie ein Einzelzimmer bewohnt. Mit dem Konzept war sie vertraut; schon ihr Bruder wurde auf einer Palliativstation in Norddeutschland behandelt. „Das ist einmalig, diese menschliche Betreuung, die Aufmerksamkeit.“
Frau W. trägt ein rosa Nachthemd; rötliches Haar umwölkt ihr Gesicht; feine Äderchen lassen ihre Wangen leuchten. Ein Katheter mündet in die Vene unter ihrem Schlüsselbein. An der Magnetwand überm Bett hängt ein Foto, ein Gruß von lieben Freunden, Nachbarn. „Ich habe Bauchspeicheldrüsenkrebs“, sagt W. „Ich weiß, dass meine Tage gezählt sind. Ich bin jetzt 82. Ich habe ein gutes Leben gehabt. Ich weiß, was auf mich zukommt. Ich habe keine Angst.“
Hat sie denn alles zu Ende gebracht, was ihr wichtig war? „Ich glaube, zu Ende bringt man nie alles. Das ist auch richtig so. Man hat immer noch Dinge im Kopf, die wichtig wären.“
Nach wenigen Minuten möchte Frau W. das Gespräch beenden. Sie ist erschöpft. Am Ende eines langen Lebens ruht sie auf ihrem Kissen und sieht sehr zart aus und sehr hübsch. „Ach, finden Sie?“, meint sie. „Ich dachte eigentlich, ich lasse morgen den Friseur kommen.“
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Dort, wo man lebt, könnte man meist auch gut sterben, findet Sepp Raischl (Foto), fachlicher Leiter des Christophorus Hospizvereins München e. V. „Ein alter Mensch muss doch nicht vom Pflegeheim ins Hospiz verlegt werden, wenn er keine Schmerzen oder andere belastenden Symptome hat und nicht einsam ist.“